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Епос

Epik


Die Definition von Epik

Die Epik umfasst die erzählende und beschreibende Literatur; sie ist eine der drei literarischen Hauptattungen.

Bekannte Formen sind Romane, Kurzgeschichten, Erzählungen, Romanzen, Novellen, Märchen und Legenden.

Nach Goethe ist sie die mittlere der drei 'Naturformen der Poesie'.

Als literarische Gattung umfasst Epik alle erzählenden Dichtungen in Vers oder Prosa.


Epik - Arten


Abenteuer-Roman
Literarischer Oberbegriff für Romane, die sich durch Stoffülle und abenteuerliche Spannung auszeichnen und in denen der Held in eine bunte Kette von Ereignissen oder Irrfahrten verwickelt wird.

Der typische Abenteuerroman besteht aus einer lockeren Folge relativ selbständiger, um diesen gruppierter Geschichten, meist in volkstümlich-realistischem Stil.

Sie dienen nicht der Darstellung seiner Entwicklung, sondern der Unterhaltung und allenfalls Belehrung des Lesers:

Sie sind z.T. mit dem jeweiligen Populärwissen ihrer Zeit angereichert.

Anekdote

[gr. anékdota = nicht Herausgegebenes], ursprünglich Titel einer gegen Kaiser Justinian und Theodora gerichteten Schrift »Anekdota« (lat. »Arcana Historia«) des Prokopios von Cäsarea mit entlarvenden Geschichten über den byzantinischen Hof, die er in seiner offiziellen Geschichte der Regierung Justinians nicht veröffentlicht hatte. In den beiden hier implizierten Bedeutungen wird Anekdote später gebraucht:

1. Im Sinne von lat. inedita (= nicht veröffentlicht) als Titel von Editionen vordem noch nicht edierter Manuskripte.

2. Im Sinne von Geschichtchen, so erstmals in der französischen Memoirenliteratur des 17. und 18. Jh.s. Heute bezeichnet Anekdote eine epische Kleinform, die auf eine überraschende Steigerung oder Wendung (Pointe) hinzielt und in gedrängter sprachlicher Form (häufig in Rede und Gegenrede) einen Augenblick zu erfassen sucht, in dem sich menschliche Charakterzüge enthüllen oder die Merkwürdigkeit oder die tieferen Zusammenhänge einer Begebenheit zutage treten. Die Pointe besteht häufig in einer schlagfertigen Entgegnung, einer witzigen Aussage, einem Wortspiel oder Paradoxon oder einer unerwarteten Aktion, daher Nähe zu ->Witz, ->Aphorismus, ->Epigramm.

Die Anekdote bildet sich v.a. um historische Persönlichkeiten und Ereignisse, aber auch um fiktive, jedoch typisierte Gestalten oder allgemein um menschliche Situationen und Haltungen. Dabei ist es zweitrangig, ob das Erzählte historisch verbürgt ist; bedeutsam ist allein, ob es möglich, treffend und charakteristisch ist.



Autobiographischer Roman



Literarische Transposition der Biographie (oder auch nur biographischer Erlebnisse) des Autors in ein fiktionales Geschehen.

Im Gegensatz zur Autobiographie unterliegt die Darstellung damit nicht mehr nur der Forderung unbedingter Wahrhaftigkeit, sondern künstlerischen Strukturgesetzen, das heißt, die biographischen Vorgänge werden nicht um ihrer selbst willen berichtet, sondern einer Symbolstruktur unterworfen, das stoffliche Material wird zudem auf einen Höhepunkt und Schluß hin geordnet, Entwicklungen und Sinnstrukturen durch Stilisierungen, Umgruppierungen und Auslassungen von biographischen Fakten, durch Einfügung erfundener Ereignisse, Personen, Motive usw. verdeutlicht.

So kann der Autor im autobiographischen Roman z.B. alle im Charakter (s)einer Person liegenden Möglichkeiten aufzeigen, die im realen Leben oft durch zufällige Umstände nicht zur Entfaltung kommen konnten [...].

Ferner erlaubt die (oft gewählte) Erzählform der 3. Person eine perspektivische Mehrschichtigkeit, durch die z.B. auch verdeckte Motive, Gedanken usw. einzelner Personen sichtbar gemacht, das eigene Ich in anderen gespiegelt werden kann, oder ein funktionales Schalten mit Stoff und Zeit. Häufig sind aber auch autobiographische Romane in Ich-Form.


Bildungsroman


 
Bezeichnung für einen in der Weimarer Klassik entstandenen spezifisch deutschen Romantypus, in welchem die innere Entwicklung (Bildung) eines Menschen von einer sich selbst noch unbewußten Jugend zu einer allseits gereiften Persönlichkeit gestaltet wird, die ihre Aufgabe in der Gemeinschaft bejaht und erfüllt.

Dieser Bildungsgang gesehen als gesetzmäßiger Prozeß, als Entelechie, führt über Erlebnisse der Freundschaft und Liebe, über Krisen und Kämpfe mit den Realitäten der Welt zur Entfaltung der natürlichen geistigen Anlagen, zur Überwindung eines jugendlichen Subjektivismus, zur Klarheit des Bewußtseins. Jede Erfahrungsstufe ist zwar eigenwertig, zugleich aber Grundlage für höhere Stufen und erscheint sinnvoll zur Erringung des ebenfalls stets klar ausgeprägten Zieles, der Reifung und Vollendung, der harmonischen Übereinstimmung von Ich, Gott und Welt.

Diese Grundkonzeption des Bildungsromans bedingt einen zwei- bis dreiphasigen Aufbau (Jugendjahre - Wanderjahre - Läuterung, bzw. Bewußtwerden des Erreichten, Anerkennung und Einordnung in die Welt). Wendepunkte sind oft durch Erinnerungen, Retrospektiven gekennzeichnet, oft auch durch immer harmonischer, ruhiger werdenden Sprachgestus, bes. bei den Bildungsromanen in Ichform. Die Gestaltung ist typisierend, symbolhaft, häufig ist die Reifung zum Künstler Gegenstand des Bildungsromans, er ist zugleich oft autobiographischer Roman. Die für den Bildungsroman konstituierende Idee der gesetzmäßig-organischen Entfaltung des inneren Menschen entstammt der Aufklärung. Die Bezeichnung »Bildungsroman« wurde von W. Dilthey für die Romane der deutschen Klassik und Romantik geprägt und definiert. Die Bezeichnung »Bildungsroman« wird in der Literaturwissenschaft auch für spätere Romane verwendet, in denen die organische Entfaltung eines Menschen gestaltet ist, wobei jedoch Bildungsweg und Ziel gemäß den jeweiligen Bildungsidealen der den Roman bestimmenden geistesgeschichtlichen Situation oder nach dem Weltbild des Dichters weiter oder anders gefaßt sein können als bei Dilthey.


Briefroman

 
besteht aus einer Folge von Briefen eines oder mehrerer fingierter Verfasser ohne erzählende Verbindungstexte, allenfalls ergänzt durch ähnliche fingierte Dokumente (Tagebuchfragmente etc.).

Anders als im Ich-Roman wird nicht vom Ende her erzählt, sondern scheinbar ohne Kenntnis des weiteren Handlungsverlaufs.

Bei mehreren Briefschreibern wird die Erzählperspektive zudem auf die Romanfiguren verteilt.

Die Form der direkten nuancierten Selbstaussage macht den Briefroman zum Mittel differenzierter Seelenschilderung; gegenüber dem Tagebuchroman wirkt sich aber die der Briefsituation eigene Wendung an einen Adressaten objektivierend aus.


Comics
[engl./amerik. eigentlich comic strips = komische (Bild)streifen], Ende des 19. Jh.s in den USA entstandene spezielle Form der Bildergeschichte:

komische Bilderfolgen (panels), denen erklärende oder ergänzende Texte zunächst unterlegt waren, die dann zunehmend (v.a. als
Sprechblasen, balloons) in die Bildfläche eingeschireben wurden.

Comics wurden lange Zeit pauschal als trivial und sogar jugendgefährdend abqualifiziert.

Erst in den letzten Jahren hat sich allmählich eine differenzierende literatur- und kunsthistorische und -soziologische Betrachtungsweise durchgesetzt, und zwar einerseits im Gefolge der amerikanischen Pop-Art, des avantgardistischen Films, der sog. Pop-Literatur, andererseits durch den gezielt gesellschaftskritischen und politischen Einsatz der Comics in der Underground-Literatur



Detektivgeschichte / Detektivroman
[engl. to detect = aufdecken] Sonderform des Kriminalromans und nicht immer stringent von ihm zu trennen.

Er erzählt nicht das innere oder äußere Schicksal eines Verbrechers oder die Geschichte eines Verbrechens, sondern dessesn Aufhellung (Detektion).

Am Anfang des fest umrissenen, auf Spannung berechneten Erzählschemas steht ein geheimnisvolles, scheinbar unerklärliches Verbrechen, das die Ermittlungsarbeit des Detektivs, meist eines exzentrischen Einzelgängers, veranlaßt und diesen wie den Leser mit falschen Spuren und verdeckten Indizien und einer Reihe verdächtigen Unschuldiger und unverdächtigen Schuldiger konfrontiert, ehe am Schluß mit Hilfe logischer oder intuitiver Analyse die Rekonstruktion des Tathergangs und die Überführung des Täters gelingt.

Individualität und Niveau des Detektivromans hängen weniger von der Komplikation und Stringenz des einzelnen Falles und seiner Aufklärung als von der Konzeption der Zentralfigur und der Einbeziehung von Umwelt in das eigentliche Kriminalgeschehen ab.


Entwicklungsroman
Romantypus, in dem die geistige Entwicklung der Hauptgestalt (meist eines jungen Menschen) dargestellt wird.

Bezeichnung in die Literaturwissenschaft eingeführt von Melitta Gerhard (1926) für Romane, die zwar dem klassischen Bildungsroman verwandt sind, in Ziel und Weg aber entsprechend der zeittypischen und individuellen Auffassung ihrer Autoren kennzeichnend abweichen.

Diese Begriffsscheidung ist jedoch nicht allgemein durchgeführt: die umfassendere Bezeichnung »Entwicklungsroman« wird vielfach mit »Bildungsroman«, »Erziehungsroman« synonym gebraucht.

In der modernen Literaturwissenschaft wird deshalb versucht, die Bezeichnung »Entwicklungsroman« formal zu fixieren als überhistorisch, immer und in jeder Literatur möglicher Bautyp; entscheidend für die Zuordnung zum Entwicklungsroman sind neben dem Inhaltlichen (Konzeption eines individuellen Lebensganges) bestimmte strukturale Kriterien, z.B. die Funktion der Stoffverteilung: Held als Zentrum der dargestellten Welt, eine spezifische Erzählsituation: besonders typisch ist z.B. die Ichform [...] oder das chronologisch fortschreitende Zeitgerüst.



Epos

 
[gr. = Wort, Erzählung, Lied, Gedicht] In der deutschen Dichtungslehre seit dem 18. Jh. gebräuchliche Bezeichnung der Großform erzählender Dichtung in gleichartig gebauten Versen oder Strophen, meist mehrere
Teile (Gesänge, Bücher, Fitten, Aventiuren, Cantos) umfassend.

Charakteristisch für das Epos sind gehobene Sprache, typisierende Gestaltungsmittel, eine Zentralfigur oder ein Leitgedanke, Objektivität durch Distanz zur Fülle der breit dargebotenen Geschehnisse sowie der Anspruch auf Allgemeingültigkeit der Aussage.

Das Epos hat seinen Ursprung im jeweiligen Reifestadium einer frühen Kulturepoche, wenn neben einem zuvor rein mythologisches Weltbild das spezifische Geschichtsbewußtsein eines Volkes (oder doch seiner herrschenden, das heißt kulturtragenden Gruppen) immer mehr hervortritt.


Form der Wiedergabe

Person Basis-Tempus Basis-Modus Interpunkt. Syntax Innensicht Komment. Einmischg.

Dir. Rede 1./2. Präsens Indikativ

Indir. Rede 3. (1.=1.) Präsens Konjunktiv

Erl. Rede 3. Präteritum Indikativ 

Redebericht 3. Präteritum Indikativ

Inn. Monolog 1. (2.=1.) Präsens Indikativ

Bewußtseins-strom 1. Präsens Indikativ



Auktoriale Erzählsituation

Typische epische Darstellungstechnik als Ich- oder Er-Erzählung mit dominantem ,telling’, -kommentierender Einmischung, Reflexionen, Bewertungen, Vorausdeutungen, Rückgriffen usw. der Erzählinstanz, bei beliebigem Wechsel zwischen Außen- und Innensicht und ggf. zwischen verschiedenen Erzählperspektiven.

(Zur Erbauung des Lesers will ich hier zwei Geschichten abwechselnd erzählen, die nur scheinbar nichts miteinander zu tun haben: die Geschichte des unglücklichen Bernhard und die Geschichte der Arbeiterbewegung in unserem Jahrhundert.)




Beschreibungen
Mit / ohne kommentierende Einmischungen versehene, auf Außensicht beruhende Beschreibungen einer Figur (Physiognomik, Gestik, soziale Rolle etc.);

Schilderung von Sachen, Sachverhalten durch Aufzählung sichtbarer Eigenschaften; besonders im Roman zur Kennzeichnung von
Örtlichkeiten oder von Zuständen, von denen das Geschehen ausgeht.

Zum Beispiel:

(Ihr Haar hatte dieselbe Farbe wie eine Möhre und war in zwei feste Zöpfe geflochten. Ihre Nase hatte dieselbe Form wie eine ganz kleine Kartoffel und war völlig mit Sommersprossen übersät.



Bewußtseins-strom

[urspr. engl. „stream of consciousness”; konkurrierend gebraucht z.T. auch „monologue intérieur”, nicht zu verwechseln mit dt. „Innerer Monolog”]:

Erzählerische (Gedanken-) Redewiedergabe in der 1. Person Präsens Indikativ,

in Innensicht ohne kommentierende Einmischung,

in unvollständiger Syntax mit ganz oder weitgehend fehlender Interpunktion.

Zum Beispiel:

(da ist sie da liegt sie ja ob sie wohl schon aber das tut sie ja immer beten am Morgen am Mittag am Abend also hat sie natürlich aber besser ich frag sie nachher ist doch was dran und ich bin schuld daß sie dann ewig ...)



Beziehungen

Darstellung der Beziehungen zu anderen Figuren, durch die Erzählinstanz formulierte Korrespondenz oder Kontrast zu anderen Figuren.
(Früher hatte Pippil einen Vater gehabt.)



Beziehungsstil

Charakterisierende Redeweise anderer Figuren über eine fiktive Gestalt in direkter bzw. auf Innensicht beruhender Redewiedergabe, und zwar

(a) in Anwesenheit der zu charakterisierenden Figur oder

(b) in Abwesenheit der zu charakterisierenden Figur. (a) Dann lief Pippi zu den anderen Damen hin und küßte sie auf die Wangen.

„Scharmangt, scharmangt, auf Ehre”, sagte sie, denn das hatte sie einmal einen feinen Herrn zu einer Dame sagen hören.

(c) „Diese verdammte Göre hat uns verdorben die ganze Vorstellung” sagte der Zirkusdirektor am Abend zu seiner Frau.



Binnen-erzählung & Direkte Rede


Geschichte, die von einer fiktiven Person in einer Erzählung erzählt wird.

„Deine Geschichte, Dante?” raunte es von allen Seiten, „deine Geschichte!” „Hier ist sie”, sagte dieser und erzählte.Wo sich der Gang der Brenta...




Direkte Rede

Erzählerische Redewiedergabe in der 1. / 2. Person Präsens Indikativ (als Basis-Tempus), ohne Innensicht und kommentierende Einmischung, in vollständiger oder bei Bedarf beliebig unvollständiger Syntax.

" Othello fragte seine Frau: „Hast du zur Nacht gebetet, Desdemona? Ich werde dich jetzt töten!”




Episches Präteritum

Verwendung des Präteritums nicht als Tempus der Vergangenheitsdarstellung, sondern als Basistempus der epischen Fiktion.

Das Orientierungszentrum im

(a) historischen Präteritum verbleibt in der Gegenwart und das dargestellte Geschehen wird aus zeitlicher Distanz vermittelt; das Orientierungszentrum wird im

(b) epischen Präteritum distanzlos an den Zeitpunkt des dargestellten Geschehens versetzt, sodaß sich die Präteritumsformen nunmehr in eigentlich kontextwidriger Weise auch mit Zeitadverbien der Gegenwart und sogar der Zukunft verbinden lassen.

(Umstritten ist, ob diese Besonderheit des Epischen Präteritums für alle epische Fiktion bzw. nur für epische Fiktion bzw. nur für bestimmte Typen epischer Fiktion wie die ,Personale Erzählsituation’ zutrifft.)

(a) Am folgenden Tag mußte Dr. Meier den Rückflug in seine Heimatstadt Berlin antreten.

(b) Morgen ging sein Flugzeug nach Hause.



Er-Erzählung

[» auch „Heterodiegesis”, „3rd person”]:

Die Erzählinstanz (hier Erzählerfigur) ist keine Person des erzählten Geschehens, welches deshalb in der 3. Person (Singular oder Plural - also unbeschadet des Namens als „er/ sie/ es/ mehrere”, gelegentlich sogar in der grammatischen Form „du/ ihr” als durchschaubarer Fremdpräsentation) erzählt wird.

Auch in der Er-Erzählung kann dabei die am Geschehen unbeteiligte Erzählerfigur von sich durchaus als „ich” sprechen.

"Die Geschichte Bernhards will ich im folgenden erzählen, der vor den Augen seiner Freunde Schritt für Schritt vor die Hunde ging. Oh du unglücklicher Bernhard! Wie rührt mich dein Schicksal!"



Erlebte Rede

[auch „style indirect libre”]: Erzählerische Redewiedergabe in der 3. Person, meistens Präteritum Indikativ, mit Innensicht und der Möglichkeit kommentierender Einmischung, aber ohne ,verba dicendi et sentiendi’, in vollständiger Syntax (Ausnahme: Interjektionen) und mit unbeschränkter Interpunktion, jedoch ohne Anführungszeichen.

Othello sah Desdemona liegen. Ob sie wohl schon zur Nacht gebetet hatte? Schließlich wollte er sie nicht bei beladener Seele töten.



Erzählinstanz

[,qui parle?’; » auch „Narrator”, „Erzähler” - keinesfalls zu verwechseln mit empirischem/er AutorIn!]: Dasjenige, was als vom Leser vernommene ,Stimme’ die Geschichte erzählt (ihre Sätze ,sagt’).

Die Erzählinstanz kann dabei realisiert werden

(a) als z.B. nach Name, Alter, Geschlecht, Anschauungen oder Erzählanlaß etc. spezifizierte ,Erzählerfigur’ (ein ,Ich mit Leib’) oder

(b) als allein durch den Akt des Sagens der Sätze konstituierte ,Erzählfunktion’.

(a) Was kann ich alte Frau euch schon groß erzählen? nun gut - einmal habe ich wirklich eine besondere Geschichte gehört ...

(b) Ein König hatte drei Söhne. Der erste ...



Erzählperspektive


[,qui voit?’; » auch „point of view”, „Ich-Origo”, „focalisation” - keinesfalls zu verwechseln mit der Frage der Innensicht!]:

Diejenige(n) Figur(en), als deren Erleben die Geschehnisse erzählt werden. Ist eine solche Figur

(a) nicht feststellbar, so kann

(b) von ,aperspektivischem Erzählen’ gesprochen werden.

(a) Am nächsten Tag traf Bernhard zwei seiner Freunde vor seinem Haus.

(b) An einem Septembertag trafen sich drei Männer vor einem Haus in der Kleiststraße.



Erzählprofil

[» auch „Erzählrhythmus”, „Erzähldynamik”]:

Abfolge von unterschiedlichen punktuellen Erzählsituationen in einer Erzählung. Auktoriale Eröffnung - Montage aus mehreren, unterschiedlich perspektivierten personalen Erzählabschnitten sowie einer Ich-Erzählung über dieselben Geschehnisse - auktoriale Zusammenfassung und Schlußwendung.



Erzählschablone

Typisches, in vielen vergleichbaren Texten wiederkehrendes Erzählprofil.

"Es war einmal ein König, der hatte drei Söhne ... Da sprach er zu seinem ersten Sohn: ... Der erste Sohn kam an ein Meer ... Da sprach der König zu seinem zweiten Sohn: ... Der zweite Sohn kam auf einen Berg ... Da sprach der König zu seinem dritten Sohn: ... Der dritte Sohn kam an ein Schloß ... So waren sie also alle wieder vereint; und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute. "



Erzählstrang

Personell und zeitlich kohärente Ereigniskette auf der Ebene der ,story’. Je nach der Verwendung auf der Ebene des ,plot’ wird die Erzählung

(a) ,einsträngig’, also auf die Personen und Ereignisse eines Strans beschränkt;

(b) ,mehrsträngig’, also mehrere personell oder auch zeitlich getrennte Ereignisketten verknüpfend durch bloße ,Montage’ oder ineinander verschränkend durch ,epische Integration’; wird ein kurzer Erzählstrang in einen anderen punktuell eingebettet und später nicht wieder aufgenommen, spricht man

(c) von einer ,Episode’.

(a) Im Märchen von „Hans im Glück” erfahren wir nichts als die eine Ereigniskette des Tausches von Gold, Pferd, Kuh, Schwein, Gans und Schleifstein.

(b) Im Märchen vom „Tischlein deck dich” werden die drei Erzählstränge der Lebensgeschichten der drei Söhne getrennt voneinander erzählt und schließlich jeweils liegengelassen, bis sie am Schluß durch die Rückgewinnung auch des ,Goldesels’ und des ,Tischlein deck dich’ durch den ,Knüppel aus dem Sack’ episch integriert werden.

(c) Im Märchen von der „Kleinen Seejungfrau” wird auch erzählt, was ihre fünf älteren Schwestern beim ersten Ausflug über Wasser jeweils sehen - dies bleibt jedoch ohne Folgen für die Geschichte.


''
Erzähltempo

[auch „Zeitgerüst des Erzählens”]: Verhältnis von Erzählzeit und erzählter Zeit (sowie ggf. dessen Abstufungen im Ablauf eines komplexen Erzähltextes.)


Erzählte Zeit: Dauer des Geschehens einer Geschichte.

Erzählzeit: Dauer des (Vor-)Lesens einer Geschichte.

Figuralstil: Charakteristische Redeweise einer fiktiven Gestalt in direkter bzw. auf Innensicht beruhender Redewiedergabe.

„Du garschtiges Ding!” zischte der Zirkusdirektor zwischen den Zähnen. „Mach, dasch du fortkommscht!”




''Fremdthematisierung

Thematisierung einer Figur durch andere Figuren in direkten oder auf Innensicht beruhenden Formen der Redewiedergabe, und zwar

(a) vor dem ersten Auftritt,

(b) nach dem ersten Auftritt,

(c) in Anwesenheit der thematisierten Figur oder

(d) in Abwesenheit der thematisierten Figur.



(a) „Wo mein Vater ist?”, wiederholte Pippi fröhlich, „och, der ist Negerkönig in Taka-Tuka.”

(b) „Wach auf, Thomas”, sagte Annika und rüttelte ihn am Arm. „Wach auf, wir wollen zu dem ulkigen Mädchen mit den großen Schuhen gehen.”

(c) „Jungs”, rief er, „Jungs! Laßt Willi los und schaut euch das Mädel hier an. So was habt ihr in eurem ganzen Leben noch nicht gesehen!”

(d) Annika sagte zur Lehrerin: „Bald wird auch meine neue Freundin, Pippi heißt sie, zur Schule kommen.”



Gefühlsinhalte

Pauschale Wiedergabe von Wahrnehmungen und Gefühlen, jedoch ohne Wiedergabe von figural ausformulierten Gedanken.

„Nein, gar nicht”, sagte Pippi vergnügt.



Handlungen

Darstellung von Handlungen der Figur.

"Sie ging mit festen Schritten, ohne sich umzudrehen, mit Herrn Nilsson auf der Schulter und dem Koffer in der Hand. "



Ich-Erzählsituation

Typische epische Darstellungstechnik als perspektivische Ich-Erzählung mit Innensicht im dominanten Modus des ,telling’, also mit kommentierender Einmischung der Erzählinstanz. Wird dabei die zeitliche und ggf. die situative Distanz zwischen ,erzählendem’ und ,erlebendem Ich’ hervorgehoben, spricht man von einer „zweischichtigen Ich-Erzählung”.

"Heute bin ich ein alter, gebrochener Mann. Aber in meiner Jugend, als alle Welt mich zu Recht den ,flotten Bernhard’ nannte - wie schien mir die Welt so voller Hoffnung sein! Wie sie mir dann Schritt für Schritt abhanden kam - diese Geschichte will ich nun mit zittrigen Fingern auf dieses häßliche Packpapier im Gefängnis zu schreiben versuchen."



 Ich-Erzählung & Ich-Form

[» auch „Homodiegesis”, „1st person” - keinesfalls zu verwechseln mit dem Spezialfall der ,Ich-Erzählsituation’]: Die Erzählinstanz (hier Erzählerfigur) ist zugleich eine Person des erzählten Geschehens, und zwar

(a) als perspektivisch fokalisierte Zentralfigur (,autodiegetisches Erzählen’) oder

(b) als nur gelegentlich hervortretende Randfigur (,peripherer Ich-Erzähler’). Neben der 1. Person Singular kann die ,Ich-Erzählung’ unbeschadet ihres Namens auch einmal in der grammatischen Form der 1. Person Plural, der 2. Person Singular oder einer umschreibenden 3. Person Singular als durchschaubarer Selbstpräsentation vonstatten gehen.

(a) Mein Name ist Bernhard; ungeschminkt will ich hier die Geschichte meines Abstiegs erzählen.

(b) Ich will im folgenden erzählen, wie mein Freund Bernhard vor meinen Augen Schritt für Schritt vor die Hunde ging.

Ich-Form

Literarische Darstellungsform mit einem von sich selbst in der 1. Person Singular sprechenden, aber nicht mit der Person des Autors identischen Ich.

In der Epik ist dieses Ich eine am dargestellten Geschehen beteiligte fiktive Figur, entweder die Hauptperson oder ein die Haupthandlung beobachtender Chronist, aber nicht das von der fiktiven Welt getrennte sog. Erzähler-Ich, das als Personifizierung des auktorialen Erzählers der Er-Form zugehört.

Die ästhetische Wirkung der epischen Ich-Form beruht auf der Begrenzung der Erlebens- und Darstellungsperspektive auf den in das Geschehen eingebundenen Ich-Erzähler. Sie ermöglicht eine künstlerisch abgerundete Komposition und erlaubt auch die Darstellung des Unglaublichen, das der Ich-Erzähler als selbsterlebt vorträgt.


Indirekte Rede, Innensicht & Innerer Monolog

[auch „oratio obliqua”]: Erzählerische Redewiedergabe in der 3. Person Präsens Konjunktiv (bei Ich-Erzählung: in der 1. Person für das erlebende Ich), ohne Innensicht, mit der Möglichkeit kommentierender Einmischung, in vollständiger Synatax ohne Anführungs-, Ausrufe- und Fragezeichen.

"Othello fragte Desdemona drohend, ob sie schon zur Nacht gebetet habe; er werde sie nun töten."



Innensicht

[mißverständlich auch „Innenperspektive”]: Wiedergabe von inneren Vorgängen (Wahrnehmungen, Gedanken, Gefühlen) mindestens einer Figur.

"Bernhard sah zwei seiner Freunde auf sich zukommen, befürchtete indiskrete Fragen und überlegte, ob er nicht lieber in den Hofeingang ausweichen sollte."



Innerer Monolog

Erzählerische (Gedanken-) Redewiedergabe in der 1. (ersatzweise: gleichbedeutend 2.) Person Präsens Indikativ, in Innensicht ohne kommentierende Einmischung, in vollständiger oder auch partiell unvollständiger Syntax mit unbeschränkter Interpunktion, jedoch ohne Anführungszeichen.

"Othello schlich zu Desdemonas Bett. Ob sie wohl schon zur Nacht gebetet hat? Schließlich willst du sie ja nicht bei beladener Seele ... aber töten muß ich sie!"


Korrespondenz, Kontrast & Motiv

Äquivalenzen und Oppositionen zu anderen Figuren werden nicht ausdrücklich formuliert, aber durch Merkmalzuordnung deutlich.

"Thomas und Annika haben Vater und Mutter (Korrespondenz), Pippi lebt dagegen ohne Eltern (Kontrast zu Thomas und Annika)."



Motiv


[nicht zu verwechseln mit dem in derselben Erzählung wiederkehrenden ,Leitmotiv’!]: Gleichartiges Inhaltselement verschiedenartiger Dichtungen, gleichbleibend in der typischen Grundsituation und im zentralen Handlungsablauf, variabel in der örtlichen, zeitlichen und figuralen Konkretisierung.

Flauberts „Madame Bovary” und Fontanes „Effi Briest” gestalten das Ehebruch-Motiv in verschiedenartigen Geschichten.




 Namengebung & Personale Erzählsituation

Sprechende, klangsymbolische, klassifizierende o.ä. Namen deuten Besonderheiten von Figuren an. ,pippi’, schwed.: verrückt, Verrücktheit.
Neutrale Erzählsituation Typische epische Darstellungstechnik als aperspektivische (Er-) Erzählung ohne Innensicht, ohne Erzählfigur und ohne kommentierende Einmischung der Erzählinstanz.

Der 16.Gewerkschaftstag der IG Chemie verlief im Zeichen von Neuwahlen und Satzungsänderungen. In seiner Eröffnungsansprache appellierte der Gewerkschaftsvorsitzende Bernhard R. an die Delegierten, diese Tagung nicht bloß als ein verlorenes Wochenende anzusehen.

Die folgenden Redner behandelten Detailfragen der Satzung.



Personale Erzählsituation

Typische epische Darstellungstechnik als Er-Erzählung mit konstanter Erzählperspektive sowie mit Innensicht im Modus des ,showing’, also ohne kommentierende Einmischung der Erzählinstanz.

"Bernhard war auf dem Weg zur Jahrestagung seiner Gewerkschaft. Wieder so ein verlorenes Wochenende, dachte er.

Alle seine Mitreisenden im Zug kamen ihm fröhlicher vor, als er es seiner Erinnerung nach in den letzten Jahren je gewesen war."


Tempus-metapher & Thema


Einschub eines Abschnittes in praesens historicum in einen Text mit historischem oder auch Epischem Präteritum als Basistempus.

Der Sachverhalt wird dadurch sprachlich aus dem Tempussystem der ,Erzählten Welt’ (ohne unmittelbare Handlungsrelevanz) ins Tempussystem der ,Besprochenen Welt’ (mit unmittelbarer Handlungsrelevanz) versetzt (ähnlich wie ein metaphorischer Ausdruck in einen ihm fremden Kontext ,versetzt’ wird).

Am Abend des dritten Tages, da beide, um der Sache auf den Grund zu kommen, mit Herzklopfen wieder die Treppe zu dem Fremdenzimmer bestiegen, fand sich zufällig der Haushund vor der Tür desselben ein; dergestalt, daß beide den Hund mit sich in das Zimmer nahmen.

"Drauf, in dem Augenblick der Mitternacht, läßt sich das entsetzliche Geräusch wieder hören; jemand, den kein Mensch mit Augen sehen kann, hebt sich, auf Krücken, im Zimmerwinkel empor."




Thema

Gleichartiges Inhaltselement verschiedenartiger Dichtungen, gleichbleibend in der behandelten Problematik, variabel in der Ausgestaltung von Situationen und handlungsabläufen wie in der örtlichen zeitlichen und figuralen Konkretisierung.

Tolstojs Roman „Krieg und Frieden” und Brechts Drama „Sweyk im zweiten Weltkrieg” behandeln beide das Thema ,Krieg’, sind aber im übrigen grundlegend verschieden.